Open Data kommt. Regierungen, Verwaltungen, Firmen und sogar Verkehrsbetriebe geben ihre Daten als Open Data frei. Auch die EU hat im Rahmen der aktualisierten PSI-Richtlinie die Weichen in Richtung Open Data gestellt. Doch warum ist das wichtig; welche Vorteile – insbesondere durch offene Verkehrsbetriebsdaten – ergeben sich für den User?
Innovative Apps
Im Moment gibt es bereits Öffi Daten, die für Entwickler im Netz abrufbar sind. Diese Daten sind aber nicht „offen“, nur die Partner des Verkehrsbetriebs dürfen die Daten für ihre Apps (Qando in Wien, BusBahnBim in der Steiermark, etc) verwenden. Alle anderen erhalten Abmahnungen, wenn sie ihre Apps mit Daten der Verkehrsbetriebe veröffentlichen. Es entsteht ein Monopol. Mit der Frage, warum Verkehrsbetriebe meinen, ihre Daten nicht freigeben zu dürfen, habe ich mich bereits in einem früheren Gastkommentar beschäftigt.
Wie ich bereits in dem Gastkommentar schrieb: Offizielle Verkehrsmittel-Apps wie Qando, BusBahnBim, SmartRide & Co sind wie ein Schweizer Taschenmesser. Sie können sehr viel; vom Routenplanen bis zum Ticketkauf. Ich verwende sie oft und sie helfen mir in meinem Alltag. Man würde aber mit einem Taschenmesser nicht kochen, geschweige denn chirurgische Operationen durchführen. Egal wie viele Werkzeuge die Entwickler in die hauseigenen Apps reinpacken, sie können niemals alle Anwendungsfälle von Kunden abdecken. Irgendwann wäre das “Taschenmesser” so mit Werkzeugen überfüllt, dass man damit nicht mehr vernünftig schneiden könnte.
Die Lösung ist nicht, vorhandene Apps mit neuer Funktionalität zu erweitern, bis sie nicht mehr bedienbar sind. Andere Entwickler können aus ihren unterschiedlichen Blickwinkeln neuartige oder spezialisierte Apps entwickeln. Mein App “Wann”, zum Beispiel, ortet den User und zeigt ihm so schnell wie möglich seine nächsten Abfahrten in der Umgebung, ohne dass er irgendetwas eingeben muss. “Erreichbarkarte” zeigt visuell auf, wie lang man von einem Punkt in Wien zu jedem anderen braucht, um so z.B. die perfekte Wohnung zu finden. Diese Apps eröffnen Kunden neue Verwendungsmöglichkeiten, was wiederum deren Zufriedenheit mit den Verkehrsbetrieben erhöht. Parallel dazu werden die hauseigenen Apps weiterentwickelt, ohne den Druck, jede Verwendungsmöglichkeit abdecken zu müssen.
Deep Integration – Google Maps
Open Data kann aber nicht nur von kleinen App-Entwicklern genutzt werden, sondern auch von großen. Google integriert immer mehr Daten von internationalen Verkehrsbetrieben in seine Dienste. Google entwickelt auch das Betriebssystem Android. Damit stehen Google Möglichkeiten zur Verfügung, Verkehrsdaten nahtlos mit dem Nutzer zu verknüpfen. Google Now könnte meinen Wecker umstellen, wenn es sieht, dass mein Bus heute Verspätung hat oder ausfällt. Ich kann direkt aus meinen Kontakten Routen zu meinen Freunden planen oder aus meinem Kalender direkt zu meinem nächsten Termin. Ohne Open Data bleibt dies ein Wunschtraum: Apps der Verkehrsbetriebe können sich nicht so tief integrieren.
Vernetzte Daten
Verkehrsbetriebe verfolgen mit ihren Apps ein Ziel: User mit ihren Verkehrsmitteln von A nach B zu befördern. Doch einem User ist es vielleicht nicht so wichtig, wie genau er nach B kommt – er hat vielleicht ein Auto, City Bike, Car Sharing oder möchte eine Kombination dieser verwenden. Das ist mit den aktuellen Apps nicht möglich und wird auch kaum kommen – Verkehrsbetriebe sind eher daran interessiert, Kunden an ihre Verkehrsmittel oder direkte Partner zu binden.
Auch hier hilft Open Data. Externe App-Entwickler können gleichzeitig mehrere Verkehrsmöglichkeiten miteinander verknüpfen, um so „Seamless Mobility“ zu schaffen. Der User wird dann z.B. zum nächsten City Bike Terminal geleitet, eine Fahrradroute entlang geschickt und steigt dann in die U-Bahn um, ohne mehrere Apps bemühen zu müssen.
Die Daten der Verkehrsbetriebe lassen sich aber auch mit ganz anderen Daten vernetzen. Öffnungszeiten Apps, welche den User gleich zum nächsten offenen Geschäft leiten. City Guides, welche Touristen nicht nur sagen, wo eine Attraktion ist, sondern auch gleich, wie er hin kommt. Die Verkehrsbetriebe sind keine Touristencenter, diese Apps werden ohne Open Data nicht entstehen.
Exkurs – Verkehrsauskunft Österreich
In Österreich arbeitet man derzeit an der Verkehrsauskunft Österreich, welche die Daten aller Verkehrsbetriebe verknüpfen soll. Auch Autorouten und City Bikes sollen langfristig integriert werden. Die Idee ist sehr zu begrüßen, hier könnte der erste Schritt zu „Seamless Mobility“ gemacht werden.
Das VAO System ist aber nicht perfekt. Es soll erst 2014 als Pilotprojekt starten. Erst ab 2015 soll es Echtzeitdaten erhalten. Wer schon einmal ein Verkehrs-App verwendet hat, das nicht wusste, dass ein Bus oder Zug Verspätung hatte oder ausfällt, weiss wie wichtig es ist, dass Apps nicht nur die Planabfahrten abrufen können. Erst ab 2015 ist das VAO System also überhaupt für Endkunden nützlich. Es ist ausserdem unbekannt, ob die VAO Daten als Open Data zur Verfügung stehen – was uns wieder zurück zum Monopolproblem führt. Viel besser wäre es, wenn die Verkehrsbetriebe ihre eigenen Daten als Open Data anbieten würden, damit Entwickler schon jetzt an der Vernetzung arbeiten können. Parallel dazu kann an der VAO Lösung gearbeitet werden, die in weiter Folge ebenfalls als Open Data zugänglich gemacht werden sollte.
Zusammenfassung
Durch Open Data entstehen Apps und Web Services:
- mit innovativen User Interfaces
- die sich explizit an die Bedürfnisse von bestimmten Gesellschaftsgruppen richten (Blinde, Kinder, Touristen, Pendler, etc)
- die verschiedene Verkehrsmittel verbinden
- die Verkehrsmitteldaten mit anderen Daten, z.B. Touristeninformationen, verbinden
- die sich direkt aus den eingebauten Apps auf dem Gerät nutzen lassen (Google Maps, Google Now, etc.)
Open Data Verkehrsdaten sind ein wichtiger Bestandteil von “Seamless Mobility” und sind klar im Sinne der User (bessere Usability), der Verkehrsbetriebe (mehr Kunden) und der Städte (effizienterer Stadtverkehr).
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Dieser Text ist im Rahmen von Twenty Twenty erschienen.